Heute geht es um ein sehr brisantes Thema: Was tun, wenn mein Kind lügt? Gibt es überhaupt eine richtige Herangehensweise? Was ist eigentlich eine Lüge, und gibt es die eine Wahrheit? All das beleuchten wir in diesem Blogbeitrag etwas genauer – ebenso die verschiedenen Facetten einer Lüge. Wo sind sie sogar gesellschaftlich akzeptiert, und wie wichtig ist unser eigenes Vorbild für die Kinder? Lies dir den Beitrag gerne ein zweites oder drittes Mal durch, falls du merkst, dass er viel in dir auslöst, und beobachte, wie er dann auf dich wirkt. Dieser Blog soll dich dazu einladen, bewusst wahrzunehmen, wie du zum Thema Lügen und Wahrheit stehst. Jeder Trigger ist eine Einladung zu mehr Bewusstsein – begrüße ihn mit Dankbarkeit. Viel Freude beim Lesen, Wahrnehmen und Bewusstwerden! Deine Leonie
Lügen – Ein brisantes Thema
Was bedeutet Lügen? Bevor wir tiefer in das Thema einsteigen, möchte ich mit dir die Bedeutung des Wortes "Lüge" untersuchen. Laut Duden ist eine Lüge eine "bewusst falsche, auf Täuschung angelegte Aussage; absichtlich, wissentlich geäußerte Unwahrheit".
Darüber hinaus gibt es viele Synonyme für Lügen, wie z. B.: Flunkerei, Fake, Schwindel, Unwahrheit, Ammenmärchen, Lügenmärchen, Lügengespinst, dichten, ausweichen, verfälschen, vortäuschen, verdrehen, prahlen, ausbrüten, schwindeln, sich ausdenken oder unaufrichtig sein. Man kann Lügen auftischen, die Unwahrheit sagen oder etwas falsch wiedergeben.
Wenn du diese Begriffe auf dich wirken lässt, erkennst du die vielen Facetten einer Lüge. Manche erscheinen harmlos, andere hinterhältig. Vielleicht merkst du, dass einige Begriffe Wut oder Unbehagen in dir auslösen.
Lügen in der Gesellschaft Ich finde es spannend, einen Blick auf unsere Gesellschaft zu werfen: Was gilt hier eigentlich als Lüge? Lügen sind stark stigmatisiert. Entlarvte Lügen werden moralisch abgewertet und angeprangert. Ein Lügner wird oft automatisch als Betrüger angesehen. Sicher kennst du Redewendungen wie: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht oder Lügen haben kurze Beine.
Doch es gibt auch gesellschaftlich akzeptierte Lügen, wie die Notlüge oder eine Lüge, um jemanden zu schützen. Auch sogenannte Höflichkeitslügen sind weit verbreitet. Interessanterweise ist es sogar vor Gericht erlaubt zu lügen! Ein Angeklagter hat immer das Recht zu schweigen oder die Unwahrheit zu sagen. In diesem Kontext ist Lügen also eher akzeptiert als beispielsweise bei Kindern, wo wir wesentlich strikter sind.
Alltägliche Beispiele für Lügen Schauen wir uns einige Beispiele an, um unser eigenes Empfinden für Lügen zu prüfen:
Du triffst deine Nachbarin vor der Tür, hast aber keine Lust auf ein Gespräch. Du sagst: "Wie schön, Sie zu sehen! Ich muss leider weiter!"
Deine Kollegin fragt, wie es dir geht. Obwohl du schlecht geschlafen hast, Kopfschmerzen hast und deine Schuhe drücken, antwortest du einfach: "Gut."
Dein Onkel schenkt dir einen hässlichen Kerzenständer. Du sagst: "Oh, vielen Dank! Das freut mich aber!"
Du kommst zu spät ins Meeting, weil du den Schlüssel im Auto stecken gelassen hast. Stattdessen sagst du: "Entschuldigung, ich war im Stau!"
All diese Situationen enthalten kleine Lügen, die viele von uns wahrscheinlich selbst schon verwendet haben.
Wahrheit und Wahrnehmung Doch was ist mit Märchen, dem Osterhasen oder dem Weihnachtsmann? Auch hier lügen wir. Studien belegen, dass wir täglich mehrmals lügen – oft unbewusst. Doch kennen wir immer die Wahrheit? Gibt es überhaupt die eine Wahrheit?
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Stell dir vor, ein Würfel liegt auf dem Tisch und vier Personen sitzen darum herum. Jede Person soll sagen, welche Zahl sie sieht:
Person 1: "Ich sehe eine Eins!"
Person 2: "Nein, hier ist eine Zwei!"
Person 3: "Oh, hier ist eine Sechs!"
Person 4: "Nein, ich sehe eine Drei!"
Wer hat nun recht und wer lügt? Die Antwort: Keiner, denn jeder sieht eine andere Seite des Würfels. So verhält es sich auch mit der Wahrheit – sie wird individuell wahrgenommen.
Warum lügen Kinder? Besonders interessant ist die Frage, warum Kinder lügen. Jesper Juul sagte einmal: "Kinder lügen, wenn sie beobachten, glauben oder meinen: In meiner Familie gibt es keinen Raum für die Wahrheit."
Kinder lügen aus verschiedenen Gründen:
Sie wollen Aufmerksamkeit.
Sie können noch nicht zwischen Traum und Wirklichkeit unterscheiden.
Sie wollen vermeiden, dass ihre Wahrheit uns traurig oder wütend macht.
Sie haben keinen anderen Weg, um ein Bedürfnis zu erfüllen (z. B. mehr Süßigkeiten oder mehr Zeit mit Freunden).
Sie haben Angst vor Konsequenzen.
Oft fragen Eltern: "Warum hast du das gemacht?" oder "Wo hast du das hingeräumt?" Wenn das Kind es nicht weiß, sagt es vielleicht etwas, nur um die Eltern zufrieden zu stellen. In diesem Moment denkt es nicht darüber nach, dass die Lüge später auffliegen könnte.
Wie reagieren wir auf Lügen? Wie gehst du mit offensichtlichen Lügen um? Gehst du in die Empathie oder in die Verteidigung und Beschuldigung? Wenn wir wollen, dass Kinder uns die Wahrheit sagen, sollten wir ihnen zeigen, dass sie sich auf uns verlassen können – auch wenn sie die Wahrheit sagen.
Ein Beispiel: Dein Kind behauptet, es habe die Hände gewaschen. Du bemerkst aber, dass sie noch schmutzig sind. Statt es zu beschämen, könntest du sagen: "Geh doch bitte nochmal die Hände waschen, dieses Mal mit Seife!" oder "Oh, die sind ja gar nicht sauber geworden. Soll ich dich begleiten?"
Wenn du einen Joghurtbecher im Schrank findest und dein Kind sagt: "Ich war das nicht!", kannst du antworten: "Du hattest wohl Hunger, als ich dir keinen gegeben habe, oder? Das verstehe ich. Mir ist es aber wichtig, dass der Müll in den Mülleimer kommt. Was können wir tun, damit der Müll nächstes Mal nicht im Schrank landet?"
Fazit Es gibt keine abschließende Wahrheit über das Lügen. Doch wir können reflektieren: Was bedeutet Wahrheit für mich? Wie ehrlich bin ich selbst in jedem Moment? Welche Vorbildfunktion habe ich für mein Kind?
Ich hoffe, dieser Text konnte dich inspirieren, deiner eigenen Wahrheit auf den Grund zu gehen.
Hab einen wunderschönen Tag!
Deine Leonie