Jedes Kind ist einzigartig – mit seiner eigenen Persönlichkeit, seinen Stärken und Herausforderungen. Und doch ertappen wir uns als Eltern immer wieder dabei, unsere Kinder zu vergleichen. Besonders zwischen Geschwistern geschieht das oft unbewusst: „Deine kleine Schwester konnte das doch schon in deinem Alter!“ oder „Du bist doch der Große, du musst Rücksicht nehmen.“ Doch welche Botschaft vermitteln wir unseren Kindern damit? In dieser Folge spreche ich darüber, warum wir vergleichen, weshalb das für unsere Kinder belastend sein kann und wie wir stattdessen jedes Kind in seinem eigenen Tempo begleiten können. Lass uns gemeinsam hinterfragen, welche Glaubenssätze uns dazu bringen, von älteren Geschwistern oft mehr zu erwarten – und wie wir ein liebevolles Miteinander in der Familie schaffen, ohne Konkurrenzdruck und starre Erwartungen.
Heute soll es um das Thema Vergleich von Geschwistern gehen. Es ist völlig menschlich, dass wir vergleichen – uns selbst, Dinge oder eben auch unsere Kinder. Das ist ganz natürlich. Doch es geht darum, sich dieses Verhaltens bewusst zu werden und sich zu fragen: Wie behandle ich eigentlich meine Kinder und was macht es mit ihnen? Dann lass uns keine Zeit verlieren und direkt einsteigen ! Viel Freude beim lesen!
In meinen letzten Beratungen begegnete mir häufig das Phänomen, dass es Eltern schwerfiel, insbesondere beim älteren Kind nachsichtig zu sein, wenn es bestimmte Dinge noch nicht gelernt oder integriert hat. Im Vergleich dazu zeigen sie mehr Verständnis für das jüngere Kind.
Unterschiedliche Maßstäbe für Geschwister
Stellen wir uns eine Familie mit einem siebenjährigen und einem vierjährigen Kind vor. Den Eltern fällt es oft leichter, die Wut des vierjährigen Kindes zu tolerieren und sein Verhalten nachsichtig einzuordnen. Beim älteren Kind hingegen wird oft mehr erwartet – es sollte bereits reifer handeln, geduldiger sein oder Dinge besser verstehen.
Nehmen wir eine andere Familie mit einem vierjährigen und einem einjährigen Kind. Hier fällt auf, dass das vierjährige Kind weniger Nachsicht erfährt, weil es das „größere“ ist. Wir sehen also: Zwei Familien mit einem gleichaltrigen Kind – doch die Eltern haben ganz unterschiedliche Maßstäbe.
Dies zeigt ein allgemeines Phänomen: Wir tendieren dazu, jüngeren Kindern mehr Mitgefühl und Verständnis entgegenzubringen. Doch wenn wir in die Welt hinausgehen, begegnen uns viele Menschen, die nicht gelernt haben, mit ihren Gefühlen achtsam umzugehen.
Gesellschaftliche Erwartungen und Vergleiche
Viele Erwachsene äußern Sätze wie: „Dieses Kind ist aber ungezogen, es bräuchte mal eine Strafe!“ Dabei ist eine solche Haltung nicht nur respektlos, sondern auch übergriffig. Interessanterweise tolerieren wir solche Aussagen oft bei Erwachsenen – doch von unseren Kindern erwarten wir, dass sie ihre Emotionen bereits regulieren können.
Gerade im beruflichen Umfeld lassen wir viele Dinge über uns ergehen, ohne bewusst Grenzen zu setzen. Bei Kindern ist es oft anders: Sobald sie sich kindgerecht verhalten, ernten sie vorwurfsvolle Blicke. Doch Kinder haben ihre gesamte Kindheit Zeit, um zu lernen, wie sie mit Gefühlen umgehen können.
Erwartungen an ältere Geschwister
Viele Eltern erwarten, dass ihr älteres Kind Verantwortung für seine jüngeren Geschwister übernimmt. Natürlich gibt es Situationen, in denen es helfen darf – doch das sollte kein Muss sein. Jedes Kind hat ein Recht auf seine Kindheit, unabhängig vom Alter seiner Geschwister.
Wichtiger ist es, jedes Kind als Individuum zu betrachten. Jedes Kind hat eigene Stärken, Schwächen und Herausforderungen. Selbst Geschwisterkinder, die mit denselben Eltern aufwachsen, nehmen ihre Umwelt unterschiedlich wahr. Direkte Vergleiche sind daher oft problematisch.
Die Auswirkungen von Vergleichen auf Kinder
Oft rutschen uns im Alltag Sätze heraus wie: „Dein Bruder konnte in deinem Alter schon …“ oder „Du bist der Große, du musst nachgeben.“ Diese Vergleiche können das Konkurrenzdenken unter Geschwistern verstärken und dafür sorgen, dass sie um Aufmerksamkeit und Anerkennung kämpfen.
Natürlich können wir nicht verhindern, dass Kinder auch außerhalb der Familie Vergleiche erleben – etwa in der Schule oder durch Großeltern. Was wir jedoch tun können, ist mit ihnen darüber zu sprechen und ihnen zu vermitteln: „Auch wenn dein Bruder besser in Mathe ist oder deine Schwester ruhiger mit ihren Gefühlen umgeht – du bist wertvoll, genau so wie du bist!“
Gerechtigkeit statt Gleichbehandlung
Viele Eltern neigen dazu, alle Kinder gleich zu behandeln, um fair zu sein. Doch das ist nicht zielführend. Viel wichtiger ist es, empfundene Gerechtigkeit herzustellen – also jedes Kind seinem Wesen entsprechend zu behandeln.
Ein Beispiel: Wenn sich eines deiner Kinder den Fuß bricht, würdest du nicht allen Kindern eine Krücke geben, nur um Gleichheit zu schaffen. Jedes Kind hat individuelle Bedürfnisse. Manche Kinder brauchen mehr Zuneigung oder Bestätigung als andere – und das ist völlig in Ordnung.
Der bewusste Umgang mit Vergleichen
Eine Mutter erzählte mir, dass sie sich schuldig fühlt, weil ihr älteres Kind mehr Aufmerksamkeit braucht als ihr Säugling. Doch als ich fragte: „Ist der Säugling zufrieden?“ lautete die Antwort: „Ja.“ Das zeigt: Es gibt Kinder, die von Natur aus zufriedener mit sich selbst sind, während andere mehr Unterstützung benötigen. Beides ist in Ordnung.
Es ist wichtig, Rückmeldungen zu geben, damit sich kein Kind vernachlässigt fühlt. Zum Beispiel: „Ich sehe, dass es für dich herausfordernd war, allein deine Hausaufgaben zu machen, und du hast das toll gemeistert! Dein Bruder braucht gerade viel Unterstützung, aber das heißt nicht, dass ich dich weniger liebe.“
Abschließende Gedanken
Vergleiche unter Geschwistern sind normal – doch sie sollten uns nicht unbewusst steuern. Es geht darum, unsere Muster zu erkennen, uns selbst zu reflektieren und bewusst damit umzugehen.
Es ist okay, wenn uns die Begleitung eines Kindes leichter fällt als die eines anderen. Wichtig ist, dass wir uns fragen: Wie kann ich die Bindung zu meinem Kind stärken? Sei gnädig mit dir selbst – und sei dir dennoch bewusst, welche Auswirkungen deine Worte und Handlungen haben.
Ich lade dich ein, über deine eigenen Erfahrungen nachzudenken. Hast du selbst Geschwister? Wie hast du den Vergleich in deiner Kindheit erlebt? Teile gerne deine Gedanken, damit auch andere davon profitieren können.
Schau gerne auf meinem YouTube- oder Instagram-Kanal vorbei, um weitere wertvolle Impulse zu erhalten.
Alles Liebe und eine tolle Woche für dich!
Deine Leonie